Donnerstag, 24. Mai 2012

Korrupte Firmen in Deutschland


In einer Liste von 163 der von Korruption am häufigsten betroffenen Länder, findet sich Deutschland auf Platz 16. Finnland, auf Platz 1, zeigt sich am widerstandsfähigsten gegen Korruption und selbst Luxemburg (Platz 12) oder Hongkong (Platz 15) stehen besser da. Dennoch ist der Kampf gegen Korruption und damit Steuerhinterziehung in Deutschland erfolgreicher, als in den meisten Ländern der Welt (Transparency International).

Der Siemens Konzern als Rekordhalter

Korruption wird zumeist mit zwielichtigen Personen oder Firmen in Verbindung gebracht. Beim genaueren Hinsehen stellt sich jedoch heraus, dass es oftmals namhafte, international tätige Firmen, deren Manager oder Eigner in Korruptionsfälle verwickelt sind. Ein Beispiel dafür ist der größte Korruptionsfall der deutschen Wirtschaftsgeschichte bei Siemens. 2007 lag der Siemens Umsatz bei über 72 Milliarden Euro (Siemens Presse Pool) und damit wäre der Konzern in der Liste der 20 größten Wirtschaftsnationen mit Russland auf Platz 12 und hat eine größere Wirtschaftskraft als 85 Prozent der Länder weltweit.
Die Tagesschau berichtete (12.12.2006) von „zweifelhaften Zahlungen“ in Höhe von bis zu 420 Millionen Euro, beim ersten Prozess in 2008 dann ging es bereits um „Schmiergeldzahlungen in Milliardenhöhe“ (Wirtschaftswoche). Offenbar trug der weltweit agierende Konzern den Zuständen in den meisten Ländern der Welt Rechnung und "kaufte" Aufträge.

Korruption, Schmiergelder, Steuerhinterziehung

Durch das Bezahlen von „Schmiergeldern“ werden die Kosten einer Firma erhöht, damit der zu versteuernde Gewinn gemindert. Da solche Zahlungen verboten sind, müssen sie „absetzbar“ deklariert werden, ein weiterer Straftatbestand. Als Korruption gelten Zahlungen, die zur Erlangung eines Auftrages oder sonstiger Vorteilsnahme an staatliche Institutionen oder deren Mitarbeiter oder Beauftragte bezahlt werden. Solche Zahlungen werden zumeist über unterschiedliche in „Steueroasen“ oder dem Zielmarkt existierende Firmen durch getürkte Rechnungsstellungen abgewickelt und von Firma zu Firma transferiert, um den tatsächlichen Empfänger im Dunkel zu belassen, den Zusammenhang zu verwischen.

Unter Korruptionsverdacht

Ein weiteres Beispiel stellt eine namhafte Persönlichkeit dar, die ins Fadenkreuz der Staatsanwaltschaft Baden-Württemberg geraten ist. Bianca Buchmann und ihr Ehemann Gerhard Buchmann sind Eigentümer der Fintec Holding GmbH, Hospital Engineering GmbH, Stericon GmbH, Gertech GmbH und Pharmadrug GmbH in Wurmlingen bei Tuttlingen, von wo aus sie Krankenhausbau und Medizintechnik in Entwicklungsländer und Schwellenländer verkaufen.

Bianca Buchmann war acht Jahre bis April 2009 Vorsitzende des Afrika-Vereins der Deutschen Wirtschaft, der eng mit der Bundesregierung zusammenarbeitet (Homepage). Auf einer Homepage der Bundesregierung wiederum wird die Firmengruppe für ihr Engagement in „schwierigen Märkten“ gelobt. Buchmann saß im Vorstand des CDU-Wirtschaftsrates im Landkreis Tuttlingen. In diesen Funktionen galt sie als Reisebegleitung in der offiziellen Delegation von Wirtschaftsvertretern für Bundeskanzler Gerhard Schröder, Bundespräsidenten Horst Köhler und Ministern, u.a. Joschka Fischer, war Interview Partnerin zahlreicher Sender und Zeitungen zum Thema Wirtschaft in Afrika, Gast und Gesprächspartnerin des 1. Bürgermeisters Hamburgs Ole von Beust.

Ermittlungen, Razzien und Verhaftungen

Nach einer anonymen Strafanzeige im November 2006 wurden von der Stuttgarter Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen „Steuerhinterziehung in Millionenhöhe und Korruption bei Krankenhausprojekten in Russland, Ghana und Libyen“ aufgenommen (Presseerklärung). Das Landeskriminalamt Baden-Württemberg durchsuchte im Mai 2007 Privathäusern und Firmengebäuden.

So sollen u.a. von einem 27 Millionen Euro Auftrag mit Hilfe von Briefkastenfirmen allein 11 Millionen Euro als Betriebsausgaben getarnt gewesen und für „dubiose Geschäfte abgezweigt“ worden sein (Süddeutsche Zeitung). Daneben wurden „Astronomische hohe Rechnungen“ (Der Spiegel) gefunden, von denen vermutet wird, dass sich dahinter Bestechungszahlungen verbergen.

Frau Buchmann wurde am 14. Mai 2009 während einer Razzia verhaftet (Presseerklärung LKA). Offenbar sind durch deren Aktivitäten dem Fiskus Schäden in Millionenhöhe entstanden.

Gründe für eine Untersuchungshaft

Selbst wenn die Staatsanwaltschaft noch kein Strafverfahren eröffnet hat, sich also in den Ermittlungen befindet, ist es mit einem richterlichen Beschluss möglich, Beschuldigte in Untersuchungshaft zu nehmen. Viele Jahre galten drei Gründe als entscheidend dafür: Verdunklungsgefahr, Wiederholungsgefahr und die Fluchtgefahr. Aufgrund der sich ausbreitenden Wirtschaftskriminalität weltweit, kann die Untersuchungshaft von einem Richter auch dann angeordnet werden, wenn nach dem vorliegenden Sachstand ohnehin mit einer höheren Haftstrafe zu rechnen ist. Steuerhinterziehung führt in der Regel zu einem Jahr Haft je hinterzogener Million Euro.

Die Wünsche des Horst Köhler

„Ich wünsche mir deutlich mehr unternehmerische Risikobereitschaft“, sagte Bundespräsident Horst Köhler während einer Veranstaltung „Chancenkontinent Afrika“ in 2004, die vom Afrika-Verein, der Deutschen Welle und der Konrad-Ademnauer-Stiftung organisiert wurde. Offenbar wurde sein Verlangen nach „Einsatz im Kampf gegen Korruption und faire Verträge...“ nicht von jedem wahrgenommen.

Die zwei Gesichter der Korruption

In einem Bericht für „das entwicklungs-magazin“ der Bundesregierung vom Juni 2007 beklagt Bianca Buchmann das deutsche „Verständnis von Außenwirtschaftsförderung“ und die Vorteile der chinesischen Unternehmen (China: Platz 71 der Korruptionsstatistik). Darüber hinaus wirft sie darin die „gängigen Vorstellungen und Argumenten“ in Deutschland vor, die gegen ein wirtschaftliches Engagement in Afrika sprächen, darunter „Vertragsunsicherheit, Korruption“. Die Firmengruppe des Ehepaares unterhält ihren wirtschaftlichen Schwerpunkt in Ghana, das auf Platz 73 der korruptesten Volkswirtschaften rangiert.

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